Amor hat mich angeschossen. Wo er
mich bisher meist mit Streifschüssen bedachte, hat er mir dieses Mal
einen satten Kopfschuss verpasst...
Okay, anfangs habe ich mich noch
gewehrt – will man ja nicht, so als Tatsachenmensch. Und vor
Tatsachen stehe ich hier wohl. Nur sind sie mir beängstigend fremd.
Ich weiß nicht, ob Amor inzwischen an seiner Zielgenauigkeit
gearbeitet hat, oder ob ich mich in einem unbedachten Moment
schlicht günstig positionierte. Zumindest muss er hinter mir
gestanden haben, denn mit Amor gerechnet habe ich nicht. Ehrlich
gesagt, habe ich kein bisschen mehr an ihn geglaubt, und zeigte mich
überzeugt, diese Amor-Story verhält sich ähnlich wie die mit dem
Weihnachtsmann. Und diese Geschichte kennen wir ja. Erwachsen zu
werden, bedeutet aber nun mal, realistisch zu sein – und dieses
Erwachsen-Ding verfolge ich ziemlich angestrengt. Angestrengt - und
ohne nennenswerten Erfolg. Nebenbei.
Wie ist das also mit der Liebe? Meine
Antwort lautet: Ich weiß es nicht. Hatte ich bis gestern noch ein
adrettes, und vor allem (wie ich meinte) extrem gut durchdachtes
Konzept, kommt das Universum heute daher - und macht mir wieder
alles kaputt. Null Punkte – durchgefallen – setzen – wiederholen.
Dankeschön auch, liebes Universum, sag, machst du dich über mich
lustig oder bist du eventuell ein ausgekochter Sadist?
Immerhin ist es nicht so, dass es für
mich niemals den Glauben an die Liebe gab. Allerdings schien das
Leben lange Zeit nichts Besseres zu tun zu haben, als mir diesen
Glauben gründlich auszutreiben. "Werde realistisch" schien es zu
flüstern. In einer unappetitlichen Penetranz, die sogar ein
Taubstummer nur unter Anstrengung zu überhören vermag. Also wurde
ich realistisch – und siehe da, das gefällt ihm auch wieder nicht.
Sag, liebes Leben, was willst du eigentlich von mir? Manchmal denke
ich mir, das Leben hat weder einen Plan noch eine bestimmte Absicht,
dafür aber einen sehr speziellen und recht gewöhnungsbedürftigen
Humor.
Bis gestern dachte ich demnach, die
Liebe existiert nur in der Beta-Version. Mängel, Makel, Defekte und
Fehler – und selbstredend keinerlei Hoffnung auf eine optimierte
Edition. Ich ging davon aus, dass die Liebe etwas für Dumme sei. Für
die, die es nicht besser wissen, und die selbst den gemeinen
Schmalspur-Vertreter der Liebe noch für den Gipfel an möglichem
Aha-Erlebnis halten. Ich meine, vielleicht bin ich ja gar nicht
verliebt, sondern tatsächlich über Nacht unter die Dummen gegangen.
Ich verspreche Euch, ich beobachte das.
Zumindest ist es jetzt aus und vorbei,
mit meiner Vorstellung von der Liebe, dem gewohnten Denken, meinem
Weltbild und so. Schade auch, denn ich hatte mich wirklich nett
eingerichtet, in meinem liebesfernen und (wie ich fand) dafür doch
wirklichkeitsnahen Leben. Nichts kann mich mehr erschüttern, nahm
ich an, und wiegte mich folglich in friedlicher Sicherheit.
Pustekuchen - stattdessen braucht meine traute Welt nun schon wieder
ein komplett neues Design.
An alle Zweifler, Gottlosen und
Nihilisten – sorry, meine geliebte Truppe, ihr kämpft dieses Mal
nicht mit mir an vorderster Front. Leider muss ich euch aus
gegebenem Anlass die totale Untauglichkeit attestieren. Glaubt mir,
ich habe keinen blassen Schimmer, was Amor da angestellt hat. Ob er
in einem Trainingscamp war, ein Motivationsseminar besuchte, oder
inzwischen auf die gekonnte Gehirnwäsche umgeschult hat. Zumindest
ist er sehr treffsicher geworden. Wartet es ab. Gebt gut auf euch
Acht! Und hütet euch vor Engeln mit undefiniertem Waffenzubehör.
Ehrlich, wenn es so weiter geht,
glaube ich bald auch wieder an den Weihnachtsmann.
erschienen auf:
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2oo5, Saskia Katharina Krost